Lorentzkraft und die Bestimmung mit der 3-Finger-Regel
Mit der Lorentzkraft wird die Kraft genannt, die beim Zusammenspiel zwischen einem elektrischen Leiter, einem Magnetfeld und elektrischer Spannung auftritt. Die Lorentzkraft ist die Grundlage für die elektromagnetische Induktion bzw. Induktionsspannung. Folgende zwei Phänomen treten beim Zusammenspiel der genannten Elemente auf:
- Bewegt man einen elektrischen Leiter, z.B. Kupferdraht, in einem Magnetfeld senkrecht zu den Magnetfeldlinien, erzeugt man während der Bewegung elektrische Spannung, die auch Induktionsspannung genannt wird.
- Lässt man den Kupferdraht im Magnetfeld liegen und setzt diesen dafür unter elektrische Spannung, dann bewegt sich der Kupferdraht.
Dadurch kann man folgende Aussage treffen:
- Mit der Lorentzkraft wird die Kraft beschrieben, die eine Ladung in einem magnetischen oder elektrischen Feld erfährt. Anders ausgedrückt, beschreibt man mit Hilfe der Lorentzkraft die Umwandlung der Bewegungsenergie in elektrische Energie und umgekehrt die Umwandlung der elektrischen Energie in Bewegungsenergie in einem Magnetfeld.
Die Lorentzkraft ist benannt nach dem niederländischen Physiker und Mathematiker Hendrik Antoon Lorentz. Sie ist eine wichtige Grundlage der technisierten Welt und wird überall auf der Welt genutzt. Beispielsweise wird bei einem Elektromotor die Möglichkeit zur Umwandlung der elektrischen Energie in Bewegungsenergie (rotierender Motor) genutzt. In vielen Kraftwerken werden Turbinen durch fossile Brennstoffe angetrieben und die Bewegung der Turbinen wird dafür genutzt, um elektrische Spannung zu erzeugen. Auch Dynamos an Fahrrädern oder Lichtmaschinen in Autos funktionieren nach demselben Prinzip.
Bewegungsrichtung des Leiters und der Elektronen
Folgende Dinge spielen bei der Lorentzkraft eine wichtige Rolle:
- Die Richtung der Elektronen, wenn man den Leiter bewegt.
- Die Richtung des Leiters, wenn man es unter Spannung setzt.
Die Standarderklärung, dass die Lorentzkraft immer senkrecht zur Bewegungsrichtung der Ladungen und den Magnetfeldlinien wirkt, ist insbesondere für jemanden, der sich zum ersten Mal damit beschäftigt, verwirrend. Das hat unter anderem folgende Gründe:
- Man hat einerseits den Fall, in dem man den Leiter bewegt und elektrische Spannung erzeugt und andererseits elektrische Spannung vorhanden ist und der Leiter bewegt wird.
- Der Begriff Bewegung kann für die Bewegung der Elektronen und des Leiters verwendet werden.
- Beim Stromfluss kann man die technische oder physikalische Stromrichtung betrachten.
- Die senkrechte Kraft zu Magnetfeldlinien und zu Bewegung des Leiters kann zwei Richtungen bedeuten.
Aufgrund der unterschiedlichen Betrachtungsweisen gibt es unterschiedliche Aussagen zu dem Thema, die jedoch dasselbe bedeuten. Auf den nachfolgenden Bildern wird gezeigt, wie beim Bewegen des Leiters elektrische Spannung erzeugt wird und wie ein Leiter durch elektrische Spannung bewegt wird.
Erzeugen von elektrischer Spannung durch Bewegung des Leiters im Magnetfeld
In einem Hufeisenmagneten wird der elektrische Leiter einmal nach rechts und einmal nach links bewegt. Während der Bewegung nach rechts wandern die Elektronen vom Betrachter weg. Bei einer Bewegung nach links wandern die Elektronen zum Betrachter.
Erzeugung von Bewegung durch Anlegen einer elektrischen Spannung
Setzt man den elektrischen Leiter über zwei Schienen unter elektrischer Spannung, so dass aus der Sicht des Betrachters die vordere Schiene am Minuspol und die hintere Schiene am Pluspol angeschlossen wird, bewegt sich der Stab nach rechts. Vertauscht man Plus- und Minuspol, bewegt sich der Leiter nach links. Hierbei wird von der physikalischen Stromrichtung ausgegangen.
3-Finger-Regel nach UVW
Eine verständliche Variante um die Richtung der Lorentzkraft zu ermitteln ist die UVW-Regel. Dabei werden die Finger als Ursache, Vermittlung und Wirkung gedeutet. Hierbei spielt es eine Rolle, ob die linke oder die rechte Hand benutzt wird. Geht man von der Richtung der Elektronen (physikalische Stromrichtung) aus, egal ob bei der Umwandlung von Bewegungsenergie in elektrische Energie oder umgekehrt, nimmt man die linke Hand. Geht man von der technischen Stromrichtung aus, nimmt man die rechte Hand. Der Daumen zeigt in Richtung Ursache. Als Ursache wird die elektrische Spannung und somit die Bewegungsrichtung der Elektronen angenommen. Der Zeigefinger zeigt die Vermittlung, womit die Richtung der Magnetfeldlinien gemeint ist. Der Mittelfinger zeigt die Wirkung, womit die Lorentzkraft gemeint ist. Bei der Umwandlung von Bewegungsenergie in elektrische Energie könnte gemäß der 3-Finger-Regel nach UVW eine Unstimmigkeit auftreten. Nämlich, dass die Ursache nicht die elektrische Spannung ist, sondern die Bewegung des elektrischen Leiters und als Wirkung die Bewegung der Elektronen. In einem solchen Fall sollte man wie auf der nachfolgenden Abbildung gezeigt als Ursache trotzdem die elektrische Spannung annehmen und als Wirkung die Lorentzkraft.
Auf dem Bild wird die linke Hand benutzt. Man geht also von der physikalischen Stromrichtung aus. Der Zeigefinger zeigt in Richtung der Magnetfeldlinien. Der Mittelfinger zeigt die Richtung der Lorentzkraft. Da hierbei die linke Hand benutzt wird, zeigt der Daumen in die Richtung, in die sich die Elektronen bewegen und somit vom Betrachter weg. Die linke Hand muss man sich hierbei gegen den Uhrzeigersinn etwas verdreht vorstellen.
3-Finger-Regel nach UVW bei Umwandlung von Energie in Bewegung
Das Prinzip der 3-Finger-Regel nach UVW bleibt auch bei der Umwandlung von elektrischer Energie in Bewegungsenergie bestehen. Der einzige Unterschied besteht darin, dass als Ursache nicht die Bewegungsenergie und als Wirkung die Bewegung der Elektronen angenommen werden kann. Denn, die Ursache bei der Umwandlung von elektrischer Energie in Bewegungsenergie ist die elektrische Spannung bzw. die Bewegung der Elektronen und als Wirkung die Lorentzkraft. Auf der nachfolgenden Abbildung wird der elektrische Leiter unter elektrischer Spannung gesetzt. Als Ursache gilt die Bewegung der Elektronen zum Betrachter hin und als Wirkung die Lorentzkraft, wodurch der elektrische Leiter nach links bewegt wird.
Die Hand auf dem Bild muss man sich leicht im Uhrzeigersinn gedreht vorstellen, so dass der Mittelfinger in die Bewegungsrichtung des Stabs zeigt und der Daumen in Richtung des Elektronenflusses. Merkregel bei der 3-Finger-Regel nach UVW ist, dass bei der Umwandlung von Bewegungsenergie in elektrische Energie als Ursache trotzdem davon ausgegangen wird, dass die Ursache die elektrische Spannung ist, obwohl man auch sagen könnte, dass die Ursache die Bewegung des elektrischen Leiters ist. Bei der Umwandlung von elektrischer Energie in Bewegungsenergie ist die Ursache dagegen klar. Sofern die linke Hand benutzt wird, wird als Ursache die Elektronenbewegung betrachtet. Falls nicht die physikalische, sondern die technische Stromrichtung betrachtet wird, benutzt man die rechte Hand. Die Bedeutung der Finger bleibt dabei bestehen.
3-Finger-Regel nach IBF
Eine andere Merkregel ist die 3-Finger-Regel nach IBF. Hierbei verwendet man statt Ursache, Vermittlung und Wirkung die beteiligten Größen. Diese sind:
- I: Richtung des elektrischen Stroms (Ursache)
- B: Richtung der Magnetfeldlinien (Vermittlung)
- F: Richtung der Lorentzkraft (Wirkung)
Damit man die Anfangsbuchstaben der IBF-Regel besser merken kann, wird häufig der Satz "Ich bin Franz" gemerkt. Die Bedeutung der Finger ist in diesem Fall identisch wie bei der UVW-Regel.